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Ein Erfahrungsbericht

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Emschertal Grundschule Sölde
Farbgestaltung- Ein Erfahrungsbericht

Im Herbst 2007 wurde ich erstmals von der Fördervereinsvorsitzenden der Emschertal Grundschule in Sölde auf die vorliegende räumlich-gestalterische Situation dort aufmerksam gemacht.

Ausgangspunkt und zugleich Vergleich war eine Schulgestaltung, die ich im Jahre 2007 in einer Essener Grundschule durchgeführt habe. Anschliessend wurde in der Theodor Heuss Schule in Essen Bergerhausen eine Befragung der Schüler durch-geführt, die zu erstaunlichsten Ergebnissen geführt hat. Grundsätzlich wurde dabei deutlich, dass es sich offenbar in einer schönen Schule besser lernen lässt.

Die Emschertalgrundschule in Sölde gehört in ihrer gesamten Konzeption architektonisch zur Generation der sogenannten „nutzungsneutralen Raum-container“, d.h. es ist ein reiner Zweckbau, der ohne große Veränderung als Bürogebäude, Finanzamt oder auch als Schule zu nutzen sind. Eine gestalterische Gebärde auf die konkreten psychologisch-pädagogischen Wahrnehmungs-bedürfnisse kleiner Kinder hin, ist innerhalb der Architektur nicht wahrzunehmen.

Um diesen Sachverhalt zu ändern haben wir im Sommer 2008 im Auftrag der Diakonie und des Fördervereins sowohl die Pausenhalle als auch den offenen Ganztag der Emschertalgrundschule mit künstlerisch gestalteten Elementen (Mosaikgestaltungen und Farbverläufen) versehen.

Die positiven Reaktionen der Schüler gaben uns auch in diesem Ort Anlass zum weiteren Nachdenken. Was ist nun der gedankliche Ausgangspunkt dieser Betrachtungen, die zum Schluss führen, dass von Farben offenbar starke Wirkungen auf die heranwachsenden Kinder ausgehen. Der Farbgestalter beschäftigt sich mit Licht und Farbe, den Urelementen des Sehsinns.

Ohne Licht und ohne Farbe an den Dingen, die sie erst gestalthaft kontrastieren, wäre die Welt dem Auge ein Nichts. So ist der Sehsinn der umfassenste und bedeutsamste Sinn, der alle anderen Sinne unterstützt und ergänzt.

Das Auge dient als Vermittler der Reize, die über die Hypophyse direkt auf das vegetative Nervensystem und die hormonalen Prozesse einwirken. Schon das hat weitreichende Konsequenzen für die Licht- und Raumgestaltung und für den Einfluss der Umweltgestaltung auf Regeneration und Belastung des menschlichen Organismus.

Eine Untersuchungsreihe (Richard Neutra berichtet darüber in seinem Buch „Wenn wir weiterleben wollen“) hat die Wirkung von Klassenräumen auf Schulkinder untersucht:
Es zeigte sich, dass viele sogen. Schulkrankheiten von einer visuellen Schädigung des Organismus herrühren. Allein durch eine organgemäße Verbesserung der visuellen Gestaltung des Klassenraums (Gleichgewicht der Helligkeitskontraste, bessere Lichtführung und Farbgestaltung) konnten 65 % der Sehstörungen (Refraktionsstörungen), 40 % aller chronischen Infektionen (Hals- Nase- Ohr - Kreislauf) und 47 % von Unterernährungssymptomen bzw. Wachstumsstörungen behoben werden. Der Leiter der Untersuchungen, Dr. B. Harmon, schätzt weiterhin, dass 50 % der Fälle mit schlechtem Kieferschluss durch verkrampfte Körper-haltungen, hervorgerufen durch ein nicht organgemäßes Sehfeld, zu erklären sind.

Gedanklicher Ausgangspunkt:

Ein Schulgebäude dient der zeitlich ausgedehnten, vielgestaltigen und komplexen Entwicklung junger Menschen.
Als in Entwicklung begriffene Wesen sind Kinder und Jugendliche gegenüber Einflüssen ihrer Umgebung noch empfänglicher als Erwachsene.
Die seelische Bewegung der Kinder geht zumeist von Außen nach Innen, d.h. die Stimmung, die ein Kind umgibt, bestimmt seine Handlungsweise mit.
Bezogen auf ein verwahrlostes Schulhaus ohne jegliche seelische Hüllenbildung bedeutet dies, dass auch Gefühle der Verwahrlosung, Lieblosigkeit und Sinn-losigkeit beim Schüler angesprochen und ausgelöst werden können.

In praktischen Versuchen konnten wir nachweisen, dass schön gestaltete Räume länger sauber gehalten werden und im Gegensatz zu trostlosen und langweiligen Räumen nicht so schnell durch Vandalismus und Verschmutzung beschädigt werden.

Gestaltete Räume und Gebäude bilden eine natürliche Autorität.

Äußere Hässlichkeit und Lieblosigkeit unterstützen innere Unordnung und Passivität.
Langweilige Klassenräume und Flure erzeugen Müdigkeit und Desinteresse -
Ziel einer Schulgestaltung sollte es sein, aktive Neugierde, waches Interesse und engagierte Initiative der Schüler zu fördern.
Der Gestaltung des Schulgebäudes (Innen/Außen)kommt dabei eine Signalwirkung zu. Ein bewusst gestalteter Farbkanon kann zum Resonanzkörper des inneren Entwicklungsganges der Schüler werden.
Die Gestaltung des Schulhauses kann durch eine bewusste Gestaltung der Bewegungsmentalität des Schullebens und natürlich der vorliegenden Architektur entsprechen. Das Schulgebäude kann somit zum weithin sichtbaren Zeichen positiver Entwicklungen werden.

Schulen sollten zu den schönsten Gebäuden einer Stadt gehören. Die Schönheit der Schulen weckt den Sinn für Schönheit in den Kindern.

Schulen sind das Symbol für den Glauben einer Gesellschaft an eine entwicklungsorientierte Zukunft.


September 2008
Atelier Robert Kaller